Nürnbergs Oberbürgermeister Ulrich Maly zum Nachhaltigkeitspreis der Möbelmacher
Statement des Oberbürgermeisters der Stadt Nürnberg Dr. Ulrich Maly im Jahrbuch der Möbelmacher 2003:
“Liebe Kalenderleser, liebe Möbelmacher,
Glaubwürdigkeit ist zusammen mit dem leider nicht immer ganz korrekt verwendeten Begriff der Nachhaltigkeit ein Kriterium, an dem sich Betriebe heutzutage messen lassen müssen. Die Möbelmacher haben sich dieser Bewertung gestellt und eine besondere Auszeichnung im Rahmen des Nachhaltigkeitspreises der Stadt Nürnberg bekommen. Dazu möchte ich dem ganzen Team im schon legendären Möbelmacherkalender noch einmal herzlich gratulieren.
Nicht zuletzt durch die Freundschaft zu Wolfgang Plattmeier, dem Bürgermeister der ersten deutschen Slow City Hersbruck (auch daran waren die Möbelmacher angeblich nicht ganz unbeteiligt), verfolge ich schon seit vielen Jahren den Werdegang dieser "Dorfschreinerei," die sich bei Kunden und in der Fachwelt durch konsequente Arbeit zur einer Marke made in Franken gemausert hat.
Nachhaltig wirtschaftende Betriebe zeichnen sich durch stetiges Vorausdenken und vor allem -Handeln aus. Bei der Betriebsgründung der Möbelmacher 1988 war Baubiologie noch weitgehend unbekannt, und die Fachwelt belächelte geölte Holzoberflächen. 1997 begann durch den ökologischen Neubau in Unterkrumbach das regionale Engagement, das den Tag der Regionen 1998 und den Initiativkreis Holz aus der Frankenalb 1999 mit hervorbrachte. Zudem ist die Regionalinitiative "Original Regional" durch vielfältige gemeinsame Aktivitäten eng mit den Möbelmachern verbunden. Durch die Mitarbeit im Netzwerk COUP 21 der Stadt Nürnberg, zusammen mit Unternehmen wie der Telekom, Datev, Neumarkter Lammsbräu oder Faber Castell, leisteten die Möbelmacher als Pilotunternehmen einen wichtigen Beitrag, als es darum ging, das EFQM Modell für Excellence mit Nachhaltigkeitaspekten zu verbinden. Dies brachte auch der Stadt Nürnberg einen Imagegewinn, da die Nürnberger Arbeit europaweit zur Kenntnis genommen wurde. Dieses für einen Handwerksbetrieb nicht selbstverständliche Engagement führte bereits zu gemeinsamen Vorträgen mit dem EFQM-Chef Deutschlands, Benedikt Sommerhoff.
Die Unterkrumbacher zeigen, dass auch ein kleiner Betrieb jenseits der Diskussion um die Börsenkurse viel bewegen kann und ich wünsche mir, dass wir gemeinsam den Begriff der Nachhaltigkeit aber auch den der Lebensqualität die Bedeutung verschaffen, die er verdient. Auch wenn die Möbelmacher nicht direkt zur Stadt Nürnberg gehören, freue ich mich immer auf neue Impulse aus dem Sittenbachtal.
Grüße aus Nürnberg nach Unterkrumbach
Ihr
Dr. Ulrich Maly, Oberbürgermeister der Stadt Nürnberg”
Thomas Merten: NachhaltigkeitsEFQM bei den Möbelmachern
Das S-EFQM-Modell mit dem Nürnberger Nachhaltigkeitsansatz in Unterkrumbach
(Bericht von Thomas Merten)
Die EFQM (European Foundation for Quality Management) ist eine europäische Initiative für ganzheitliches Qualitäts-Management, und diese hat in ihrem EFQM-Modell beschrieben, was Unternehmen machen sollten, um ganz viel Qualität zu erzeugen. Und weil diese Qualität nicht ausreichend im Sinne von Nachhaltigkeit formuliert wurde, gibt es neuerdings ein Nachhaltigkeits-EFQM (neuer offizielle Bezeichnung S-EFQM nach dem Nürnberger Nachhaltigkeitsansatz). Und damit fängt die Geschichte an:
Letztes Jahr lernte ich herwig Danzer dabei kennen, wie er uns - zusammen mit anderen EFQM-Assessoren - bei der Entwicklung des S-EFQM-Modell unterstützte. Als Geschäftsführer der Möbelmacher brachte er jede Menge Engagement und viel Wissen in die Arbeit ein und am Ende stand ein Managementinstrument, welches seine Theorie bestanden aber seinen Praxistest noch vor sich hatte. Jeder, der das EFQM-Modell einmal gelesen hat, weiß, warum sich kleine Unternehmen nur sehr selten an diese anfangs schwer verdauliche Sprache und Denke herantrauen - so auch herwig selbst. Und trotzdem luden uns im Frühjahr 2002 Gunther, herwig und die Gruppenleiter ein, das Modell, seine Philosophie und natürlich seine Anwendbarkeit den Möbelmachern vorzustellen. So fanden wir (Michael Lörcher von future e.V. / AkkU Umweltberatung und ich) uns im April in der Gaststätte "Zum grünen Baum" wieder und versuchten redlich, allen Möbelmachern das Modell schmackhaft zu machen. Wie so häufig versagte beinahe unsere ganze Theorie von den schönen Ergebnissen und der schönen Strukturierung - nur eine kleine Selbstbewertung der Mitarbeiterzufriedenheit brachte die Möbelmacher-Seele in Aktion. Angestoßen durch unsere Fragen setzen sich Gunther, herwig, Helmut, Stefan, Matthias, Marlen & Co. damit auseinander, was Mitarbeiterzufriedenheit bei den Möbelmachern heißt und wie sie eingeschätzt wird. "Der grüne Baum" ist seit diesem Abend Sinnbild für einen neuen Prozess bei den Möbelmachern geworden: eine interne Selbstbewertung, vor allem der so genannten "weichen Faktoren". Dazu zählen Zufriedenheit, Motivation, Qualifikation, Kommunikation etc.
Nun haben die Möbelmacher im Herbst 2002 eine umfangreiche, weite Teile des S-EFQM-Modells abdeckende, Selbstbewertung durchgeführt. Die von uns organisierte und moderierte Bestandsaufnahme der eigenen Stärken & Verbesserungspotenziale wird den Möbelmachern in der nahen Zukunft verhelfen, noch besser und noch nachhaltiger zu wirtschaften, die Kundenwünsche noch besser zu verstehen und sie optimal zu befriedigen. Die Kompliziertheit und vor allem die Sprache des Modells war und ist immer noch ein Problem (Michael, herwig und ich haben bis 4:15 in der Früh gearbeitet, um die Stärken und Verbesserungspotenziale in eine handwerker- und modellverträgliche Sprache zu bringen- um 7:30 ging´s wieder mit der ganzen Belegschaft weiter). Die Möbelmacher haben aber eindrucksvoll gezeigt, dass auch Handwerksbetriebe keine umfangreichen Managementsysteme zu scheuen brauchen. Allen MitarbeiterInnen von unserer Seite ein herzliches Dankeschön: es hat viel Spaß gemacht mit Euch!
Thomas Merten, Wuppertal Institut / Projektbüro MR-ten
P.S. Fast alle Änderungen des EFQM-Modells, die die Nürnberger Expertengruppe in Richtung Nachhaltigkeit erarbeitet hat (beteiligt waren daran: Manfred Jung, Thomas Merten, Michale Lörcher, Oliver Alex, herwig Danzer, Werner Ebert, Harald Weiniger, Susanne Kaldschmidt), wurden von der EFQM bei der aktuellen Modell-Überarbeitung berücksichtigt. So sind die Möbelmacher der erste Betrieb, der seine Selbstbewertung mit dem S-EFQM nach dem Nürnberger Ansatz durchführte. 2004 wird das in Europa der Standard werden.
(Mehr Infos zu diesem Thema unter www.nachhaltigkeit.de)
Vom Kalender zum Nachhaltigkeitsbericht?
Im EFQM-Arbeitskreis referierte Prof. Wild über die vielen Arten der Nachhaltigkeitsberichterstattung, wobei der Umweltbeautragte der Datev bemängelte, dass diese aufgrund des Umfangs meist zu wenig Leser fänden. Die Diskussion führte zu einem Berichtsvorschlag, der den attraktiven Möbelmacherkalender um die technisch notwendigen Firmendaten ergänzte. Welche Ehre für unsere sieben Jahre alte Geschenkidee.
Michael Borchardt: Expertise eines Branchenkenners
Expertise eines Branchenkenners
Michael Borchardt ist seit 1986 Berater im Bereich Kommunikation, Verkauf und Betriebsführung und hat sich mit seinem Buch "Moderne Betriebsführung - der Schlüssel zum Erfolg" auf das Schreinerhandwerk spezialisiert.
Sehr geehrter Herr Danzer,
wie versprochen erstellte ich aufgrund des gemeinsamen Workshops, der Betriebsbesichtigung und der Gespräche mit Ihnen und Ihren Mitarbeitern eine Kurzexpertise, um Ihnen den Vergleich mit Schreinerkollegen in den "weichen Faktoren" zu erleichtern. Aus meiner Erfahrung unterscheiden sich die Möbelmacher von anderen Betrieben in folgenden Merkmalen:
a) aus Sicht des Kunden
Im Laufe der letzten 10 Jahre habe ich über 350 Schreinerbetriebe betreut, aber noch keinen gefunden, dessen ganzheitliche Philosophie dem Kunden so glaubhaft "vorgelebt" wurde. Nicht nur das Werkstattgebäude mit Ausstellung, sondern auch das eigene Wohnhaus zur Besichtigung zur Verfügung zu stellen, ist außergewöhnlicher Service für den Kunden, aber vor allem auch Verkaufstechnik par excellence. Der Kunde spürt, oder - bildlich gesprochen - er begreift die Fachkompetenz , die nicht nur im Kernsegment Holz, sondern auch in allen anderen Einrichtungsbereichen deutlich wird. Die teamgebundene Auftragsorganisation, bei der neben den Geschäftsführern, eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter für die komplette Abwicklung verantwortlich ist, hebt sich von den gängigen Organisationsformen in Schreinereien deutlich ab. Auch die Werkstatt selbst, durch die jeder Kunde geführt wird, hat nicht nur eine angenehme Arbeitsatmosphäre, sondern ist ebenso ein Verkaufsargument. Durch die sorgfältige und konsequente Produktauswahl entsteht ein Vertrauen, welches der Grund für den überproportional hohen Anteil an Mehrfachkäufen ist. Durch die konstante und extrem erfolgreiche Pressearbeit und das Jahrbuch "Infokalender", wird jeder Kunde regelmäßig "gepflegt". Und wer eine Komplettführung durch Werkstatt, Ausstellung und Musterhaus miterlebt hat, wird zumindest den Wunsch nach einer Einrichtung "made by Möbelmacher" in sich tragen.
b) aus Sicht der Mitarbeiter
Aus den Gesprächen konnte ich eine überdurchschnittliche Loyalität zum Betrieb und eine hohe Zufriedenheit erkennen. Die Stärkenliste aus der Nachhaltigkeits-EFQM-Bewertung und die Tatsache, dass fast alle Mitarbeiter bei den Möbelmachern ausgebildet wurden, bringt mich zu der Vermutung, dass nicht alle Leistungen, die der Betrieb bringt, von den Mitarbeitern reflektiert werden, oder zu einer Selbstverständlichkeit abflachten. Grund könnte der fehlende Vergleich zu anderen Betrieben sein. Sicher lässt sich diese Diskrepanz im Rahmen von EFQM verbessern. Alleine die Statistik der Lehrlinge ist in den Kriterien "Anzahl", "Frauenanteil" und "gewonnen Preise und Anerkennungen" sicher einmalig. Die Arbeitszeitregelung, die Teamarbeit und nicht zuletzt das gesamte Gebäude mit seiner Einbindung in die Landschaft schaffen Arbeitsbedingungen, die ich bereits bei der letzten Vollversammlung des TopAteams Ihren Schreinerkollegen als vorbildlich schilderte.
c) aus Sicht der Lieferanten
Als Berater eines der wichtigsten Möbelmacherlieferanten Pro Natura, kenne ich den Betrieb schon seit langem aus Gesprächen und aus der Tatsache, dass die Möbelmacher schon drei mal Händler des Monats wurden und einmal die Auszeichnung Händler des Jahrzehnts erhielten. Dabei zählen nicht nur Umsatz und Zahlungsmoral, sondern vor allem die langjährige und kritische Zusammenarbeit in Fragen des Produktdesigns (es gibt noch Servietten aus Restaurants, auf denen die Ideen für erfolgreiche Produktneuerungen gezeichnet sind), der ergonomischen Funktion (die Ehefrauen der beiden Geschäftsführer sind Sportlehrerinnen und Rückenschulleiterinnen) und des Marketings (die Möbelmacher testeten als erster Betrieb die Akzeptanz einer europaweiten Kundenbefragung). Den Erfolg der aktiven Arbeit bei Messen und Veranstaltungen kann der zuständige Außendienst eindrucksvoll mit Kalenderzahlen belegen.
d) aus Sicht der Gesellschaft
Viele Erfolgsgeschichten aus der Hersbrucker Alb haben ihren Ursprung in Unterkrumbach. Egal, ob der Tag der Regionen, Slow City Hersbruck, Best Practice des Initativkreises Holz aus der Frankenalb oder der Verein Heimat auf´m Teller. Beim Durchsehen der Unterlagen und Zeitungsartikel findet man die Möbelmacher als Veranstaltungsort, als Sponsor, als Ideengeber und vor allem als aktiver Mitarbeiter. Sogar im Internet lassen sich diese Zusammenhänge, auch für Außenstehende, über das Pressearchiv der eigenen homepage, aber auch über die erscheinenden Hinweise bei der Eingabe in die Suchmaschine, lückenlos nachvollziehen. In dem belebten und gut betreuten Gästebuch sieht man, dass die Möbelmacher in die Gesellschaft der Hersbrucker Alb harmonisch integriert sind.
Fazit:
Aus all diesen Gründen kann ich sagen, dass es zwar Betriebe gibt, die in Einzelbereichen durchaus die Qualität der Möbelmacher erreichen, im ganzen betrachtet hat dieser Betrieb deutschlandweit aber eine Alleinstellung, die hinsichtlich Authentizität und Glaubwürdigkeit seinesgleichen sucht.
In der Hoffnung, dass Ihnen meine Erfahrungen und meine Einschätzungen beim Selbstbewertungssystem hilfreich sein können grüße ich aus Großmehring
Ihr
Michael Borchardt