Portrait von Ute Danzer in der HZ: "Der rote Lebensfaden für die perfekte Haltung"
ERGONOMIE Die Möbelmacher erhalten den Innovationspreis des Instituts für Gesundheit und Ergonomie. Der hat ein Gesicht: Ute Danzer.
UNTERKRUMBACH - Sie kümmert sich seit 1997 um die ergonomischen und gesundheitlichen Belange der Kunden und Mitarbeiter des Massivholzmöbelherstellers. Der Ursprung dafür ist „witzigerweise schon lange her“, meint Danzer. Er lag in den 80ern, als sie in München Sport studierte mit dem Ziel Reha-Sport. „Damals gab es an der TU München schon viel in dem Bereich und im Behindertensport.“ Über das Münchner Sportzentrum kam sie unter anderem mit Rolli- und Blindensport in Kontakt. „Das hat mich sehr interessiert.“
Und damit gab es unweigerlich Berührungspunkte mit der Ergonomie, „weil vieles einfach anders eingerichtet werden muss und der Gedanke, weg von höher, schneller, weiter, ins Spiel kam“. Dazu belegte sie bei Dozent Horst Rusch alle möglichen Kurse und Vorlesungen. Er beschäftigte sich mit Sportförderunterricht für Kinder zur Förderung der Gesundheit durch Bewegung und Übungsprogrammen, um Haltungsschwächen und Fehlstellungen zu korrigieren.
Da verwundert es eigentlich nicht, dass Danzer nach ihrem Abschluss nicht an einer Regelschule landete; sie arbeitete an einer Waldorf-Schule und legte eine Ausbildung in der Waldorfpädagogik ab. „Dieser ganzheitliche Ansatz ist total spannend.“ Da gehe es im Sportunterricht um die Entwicklungsstufen des Kindes und wann mehr auf das Kräfte- oder rhythmische Element geachtet werden sollte.
Sie habe dadurch jedenfalls viel gelernt, zum Beispiel, dass es was mit kleinen Kindern mache, wenn sie vor einem großen Stuhl stehen und auf dem sitzen sollen. „Eines unserer ersten selbstentworfenen Teile war daher ein Kinderschreibtisch, der bis zum Studium mitwächst.“
Ute Danzer war in München bereits mit ihrem Mann herwig zusammen. Als sie schwanger wurde, zog es das Paar wieder in die Heimat nach Happurg neben Hersbruck, wo sich dann langsam die Möbelmacher entwickelten. Bis sie in die Firma richtig einstieg, dauerte es aber noch rund zehn Jahre. In der Zeit hatte sie eine kleine Stelle bei der Diakonie im Albachtal, erzählt sie. Zu der kam sie, weil sie schon als Jugendliche viel ehrenamtliche Arbeit in der Happurger Kirchengemeinde leistete. „Und Pfarrer Schiffner hat sich gefreut, als ich zurück war.“ So gab sie also Sportförderunterricht, Wassergymnastik, Reha-Sport und Rückenschulkurse nach einer zusätzlichen Ausbildung zur Rückenschulleiterin.
Tobi und die Kisten
Ihre Expertise in Sachen Gesundheit und Ergonomie war bei den Möbelmachern aber immer gefragt. Zum Beispiel auch in Form einer Rückenschule für die Mitarbeiter. Dadurch, dass Danzers und auch Mitgründer Gunther Münzenberg Nachwuchs hatten, kamen die Möbelmacher zu Sitzmöbeln für Kinder. „Wir haben das Kinderzimmer-Programm „Tobi“ zum Mitwachsen aufgebaut.“ Slogan war „Kinder brauchen Kisten“, schmunzelt Danzer. Die gab es in verschiedenen Größen und man konnte sie unterschiedlich stapeln.
Neben solchen Dingen lag und liegt der Fokus der Möbelmacher auf Einzelanfertigungen. Dabei können sie besonders gut schauen, dass „sich die Möbel dem Menschen anpassen und nicht umgekehrt“. Dieser Ansatz war es, der den Unterkrumbachern nun den Preis einbrachte, wie Ralf Eisele von der IGR in seiner Laudatio betonte: „Die Produkte sind der Ausdruck einer ergonomischen Einstellung, die eine Arbeitsumgebung dem Menschen anpasst.“
Bett braucht Innenleben
Und hier entwickelten die Möbelmacher nicht nur eine höhenverstellbare Werkbank für die Schreinerei, sondern „eigene Sachen“ wie höhenverstellbare Schreibtische, die vor allem in Corona im Homeoffice äußerst gefragt waren, weiß Danzer. Sie stieg 1997 mit dem Umzug der Möbelmacher nach Unterkrumbach komplett in die Firma ein und fand ihre Hauptaufgaben bei den Themen Sitzen, Arbeitsplatz und gesunder Schlaf.
Denn ihr und herwig wurde schnell klar, dass die Kunden nicht nur ein gutes Bett brauchen, sondern auch ein individuell anpassbares Innenleben, das die beiden im Partner „ProNatura“ fanden. Jetzt ist Danzer auch regelmäßig auf Messen unterwegs, um immer auf Stand bei den Entwicklungen zu sein.
Sie hat den Eindruck, dass den Menschen Ergonomie schon bewusst ist, sie aber oft lieber auf Design-Trends schauen und erst sensibilisiert sind für das Thema, wenn körperliche Beschwerden auftauchen. „Das ist zu spät!“ Deshalb wollen die Möbelmacher mehr als nur Design, erläutert Danzer. Wer zu ihr kommt für ein ergonomisches Möbel, den schaue sich Danzer an – mit Körpermaßen und Befindlichkeiten: „Ich muss den Kunden persönlich abgreifen.“
Dass ihr und den Möbelmachern das gut gelungen ist, zeigt der Innovationspreis Ergonomie. „Der schätzt unsere Arbeit wert“, findet Danzer. „Ihre“, sagt ihr Mann: „Deine Sache, dein Preis.“ Und zwar für ihr Lebenswerk. „Das klingt komisch, ich lebe ja noch“, lacht Ute Danzer. Aber gleichzeitig muss sie zugeben, dass Ergonomie der rote Faden ist: „Der zieht sich durch mein Leben.“